Eine Rezension einer Schriftenreihe über Kulturübergreifende Werteentwicklung mit Texten von Berhard Uhde, Doris Zölls und Aridane von Schirach
Helmut Bölling
Es liegen uns drei neue Essays vor, die über eine von Liebe getragene „west-östliche“ Spiritualität nachdenken.
Bernhard Uhde legt den Schwerpunkt auf die philosophische Begründung des darin eingebetteten interkulturellen Ansatzes. Doris Zölls beleuchtet, was wir von diesem Grundtenor auf welche Weise unseren Kindern und Enkeln glaubwürdig weitergeben können und sieht dabei einen spannenden, wechselseitigen Lernprozess. Das persönlichste Büchlein in diesem Dreierreigen legt Ariadne von Schirach vor: Ihre Entwicklungsgeschichte hin zu einer tief spürbaren Allverbundenheit mag manchen Leser an Aspekte seiner eigenen Enkulturation erinnern.
Nun aber zum ersten Werk en detail: Bernhard Uhde kommt nach der Frage, was Spiritualität im Kern ausmacht, auf den Tod zu sprechen, dessen So-Sein oft Ausgangspunkt der philosophischen Fragen ist. Dabei ermutigt er uns zunächst, über die Balance von Ewigkeit und Endlichkeit nachzudenken, einer Formulierung von Kierkegaard. Wir würden umso mehr über das Absolute nachdenken, je mehr wir die materiellen Werte und das eigene Ego zu relativeren lernen. Allmählich würde sich auch die Universalität der sich denn entfaltenden Denk- und Fühl-Ergebnisse zeigen, was ja deren interkulturelle Eignung verspricht.
Doris Zölls geht bei ihrer vor allem erzieherischen Blickrichtung von der These aus, dass sich grundsätzlich unser Innenleben im Außen spiegeln dürfte. So wirken große Appelle an die nachfolgende Generation, was wie in ihrem Leben zu beachten haben, meist wenig. Wichtig sei, was wir den jungen Leuten vorleben, bis in die Körpersprache hinein werden wir aufmerksam wahrgenommen. Diskursives Wissen, das wir weitergeben möchten, sei zudem nachrangig; vielmehr gelte es einen Prozess zu fördern, bei dem uns eine Art „Ganz-Wissen“ überkommt, Erkenntnisse, die uns unter die Haut gehen. Parallel zu diesem Prozess würde unser Wesen „für die Welt offen, verletzbar und sensibel“ werden. Die Hingabe an das Jetzt, so ihre Folgerung, mache dann unser Menschensein auf die schönste Weise aus und setze auch –so Zölls-wirkliche Impulse an unsere Mitwelt.
Die eigene Lebensgeschichte ist der Ausgangspunkt, mit der Ariadne von Schirach die Frage angeht, was der Anfangs-Impuls für den Schöpfungsakt gewesen sein könnte. Sie scheint auf Grundgedanken von Paulus zurückzugreifen, wenn sie die verblüffend einfach klingende Antwort vorstellt: Die Liebe. Die Autorin macht sie fast zum Leitmotiv ihres gesamten Essays. Sie betrachtet u.a. die Deformationen von Liebe, wie sie sich u.a. in der häufigen Degradierung der Frau zum Lustobjekt zeige. Eine einseitige und egoistische Liebes- und Lebensweise wende sich schlicht und einfach „gegen das Leben“. Die echte Hingabe – etwa an den Liebespartner- wird fast in einem Atemzug mit der seligmachenden Qualität gesehen, mit der wir dem Hier und Jetzt zugewandt bleiben sollten. Sicher auch im Sinne von Doris Zölls kann uns daraus die Chance erwachsen, zu einem „Funkeln im Auge der Wirklichkeit“ zu werden.
Alle drei Essays zeichnet eine klare Gedankenführung aus, die besonders bei Ariadne von Schirach in einer oft verblüffend einfachen Sprache gipfelt, ohne je ins Banale abzurutschen. Wer sich den Gedanken der Alleinheit mehr von der philosophischen Seite nähern will, der sollte zuerst zu Bernhard Uhdes Schrift greifen. Lesern, die die Vermittlung ebensolcher Grundgedanken an die nächste Generation im Blick haben, dürften mit Doris Zölls kleinem Werk gut bedient sein.
Wer der Bedeutung der Liebe in allen Facetten (Gottesliebe in pantheistischem Kontext, agape, amor …) nachspüren will, dem ist die Lektüre dieser drei Bändchen wirklich sehr zu empfehlen.
https://west-oestliche-weisheit.de/gestalten/essays/